Samstag, 3. Januar 2015

Laufen - Langeweile schleicht sich ein

Laufen in "warmer" Umgebung

Nun laufe ich seit über einem Jahr in ziemlich der gleichen Gruppe, aber leider macht die Gruppe nicht die gleiche Entwicklung wie ich. Jeden Mittwoch laufe ich Rillen in die Wege um den Maschsee und beginne mich zu langweilen. Was nun?

Das Jahr 2014 neigt sich dem Ende und ich laufe wieder einmal um den Maschsee. Irgendwo hinter mir ist mein Rudel. Um in der Dunkelheit die Gruppe nicht ganz zu verlieren laufe ich wieder zurück um dann erneut wieder vorweg zu laufen. Jedes mal das gleiche Spiel. Zum ersten Mal lauten meine Gedanken "Ist das laaangweilig..." Und auch Silvana begrüßt mich nach der x-ten Begegnung mit den Worten "ooooh, Anja wieder...".


Weltbester Trainer und tolle Laufserie
 (hier: kurz vor meinem Start im Süntel)

Jeden Mittwoch wird mir klarer, dass ich eine Veränderung brauche. Ich suche das Internet nach Vereinen mit Laufgruppen durch, ich melde mich in Laufforen an und bin unentschlossen. Beim Kauf meiner letzten Laufschühchen hatte ich schon vom Verkäufer und Trainer eines Vereins die Frage bekommen, ob ich nicht Lust hätte dort mitzulaufen. Berglauf-EM in Polen, Marathon in Prag,... sind vermutlich tolle Events, aber mir eine gewaltige Nummer zu hoch. Nein, not me! Trainingspläne, Leistungskontrollbücher, Pulsmessuhren,... will ich nicht. Ich laufe aus Spaß, laufe um den Kopf frei zu bekommen und um einen Ausgleich vom Bürojob zu haben. Ich laufe nicht um Medaillien und Siege zu erhaschen.

Ich suche im Internet weiter und werde fündig. Montags 18:30 am Zentrum für Hochschulsport trifft sich eine gemischte Laufgruppe. Das passt perfekt und liegt auf meinem Weg. Bin ich abends erst einmal zu Hause lässt mich mein Haustier, der miese Schweinehund, eh nicht noch mal weg. Aber, da gibt es noch eine Kleinigkeit: Der Verein nennt sich SLS Leinebagger. Die Buchstaben SLS stehen für Schwul-Lesbischer-Sportverein. Alle Rahmenbedingungen passen perfekt. Aber das...? "Die wollen bestimmt unter sich bleiben..." sind meine ersten Gedanken. Ich verwerfe die Überlegung wieder, man kann ja schließlich auch ohne Verein laufen und eigentlich fand ich es ja auch immer gut ohne irgendwelche Vereinszwänge zu laufen.

Hannover Ma(t)schsee

Wenige Wochen später stehe ich wieder vor der gleichen Frage: Was nun? Ich hatte mich in meiner doch so tollen Laufgruppe wieder gelangweilt und alleine fällt es mir schwer mich zum Laufen hoch zu raffen. Eine Gruppe und ein fester Termin erleichtern mir das Training. Wieder stöbere ich im Internet, wieder eine Anmeldung in einem anderem Laufforum und letztendlich lande ich wieder auf der Seite vom SLS Leinebagger. Ok, mir ist es egal welche sexuelle Identität, welche Hautfarbe, welche Nationalität oder was auch immer mein Trainingspartner hat. Und so schicke ich tatsächlich eine Anfrage ab. Am nächsten Tag ist bereits die Antwort da. Kein Problem, kannst gerne bei uns laufen.

Es ist Montagabend vor Weihnachten und ich stehe im kalten Wind mit Nieselregen vor dem Zentrum für Hochschulsport. Tatsächlich erscheint ein weiterer Läufer und kurz darauf Klaus, allerdings ohne Sporttasche. Mit Klaus hatte ich per eMail Kontakt und er schaut nur meinetwegen kurz vorbei. Eigentlich muss er um diese Zeit in Hameln sein und ist in Eile. Udo nimmt sich meiner an und gemeinsam traben wir los. Im Georgengarten ist es stockdunkel. Mit meiner kleinen Taschenlampe versuche ich rechtzeitig aller heruntergekommenen Äste aufzuspüren. Ein bisschen Hürdenlauf ist angesagt. Das Tempo ist moderat, so dass wir uns die gesamte Strecke über unterhalten können. Ich erfahre, dass die Laufgruppe aus etwa 10 Leuten besteht. Gemeinsam geht es los und nach ein bisschen Gymnastik trennen sich die Gruppen an der Wasserkunst für die 6, 9 oder 13 km Runden. Das Tempo ist unterschiedlich, so dass jeder auf seine Kosten kommt. Ob reiner Hobbyläufer oder wettkampfambitionierter Sportler, alles ist ok. Als Udo mich fragt, ob ich denn weiß, was das hier für ein Verein ist, muss ich schmunzeln. Ja, weiß ich. Aber mir geht es um den Sport. Dabei ist mir die sexuelle Identität des anderen egal, insoweit verstehe ich die ganze Debatte ums Outing eh nicht. Hat jeder Mensch nicht viel wichtigere Eigenschaften als schwul, lesbisch, bi,...?

Für Toleranz und eine bunte Welt!

Das erste Probetraining hat viel Spaß gemacht, ich habe abends im Bett noch ein Grinsen im Gesicht. Die Gruppe lässt weitere Entwicklungsmöglichkeiten für mich zu, denn um mit so manch einem mithalten zu können werde ich mich wohl noch mächtig strecken müssen. Langeweile ist also eher nicht in Sicht.
Nun bin ich gespannt auf die weiteren Läufer/innen. Passt auch hier die Chemie hab ich vielleicht meinen Verein gefunden.





Und wer weiß, vielleicht starte ich ja auch 2015 wieder beim Hannover-Marathon.
(eine davon bin ich)

Nachtrag:
Nun ist das neue Jahr 10 Tage alt und ich habe trotz E-Mail noch immer keine Antwort, wann denn das "ganze Rudel" das Training wieder aufnimmt. Mir gefällt nicht, dass die Laufstrecke überwiegend nicht beleuchtet, oder besser gesagt: stockdunkel ist. Zum einen laufe ich dann recht angespannt, zum anderen ist da das Verletzungsrisiko. Selbst mit Taschenlampe sieht man manches "Hindernis" recht spät und manche Bodenunebenheit gar nicht.
Heute fegt über Hannover ein ziemlicher Sturm, der auch die nächsten Tage noch anhalten wird. Ich würde also am kommenden Montag eh nicht zum Training fahren. Es werden einfach zu viele Äste auf den Wegen liegen.

Aber vielleicht bin ich ja eh beim Probetraining "durchgefallen"...